... der gestern war: der Schein trügt nicht.
Mehr ist nicht zu sagen.
Außer vielleicht dass bei Nachtzügen, die aus Amsterdam kommen, mit Verspätung zu rechnen ist, weil irgendwo auf der Strecke nach einem potentiellen Selbstmörder gesucht werden muss, und der bayrische DB-Mitarbeiter zusätzliche Verspätungsunannehmlichkeiten mit einem stoischen "hot ja konana gsagg dass schneibb" kontert.
ConAlma - 2010-11-29 14:32
Fremdessen einmal anders: auf dem Weg zu den Spazierwegen und zum zenbuddhistischen Masseur gelegen, wähle ich mir neuerdings das Café der Lebenshilfe zur Einkehr. Montag bis Donnerstag ist es geöffnet, nur mittags: an zwei Tagen Fleisch, einmal Gemüse, einmal Fisch, zweimal mit Suppe, zweimal mit Dessert. Das klingt jetzt nach einem dieser Kombinationsrätsel: was gehört zusammen? Wie viele Menüs gibt es? Und wann ist der vegetarische Tag?
Keine Fotos hier, die Gerichte, so solide sie auch zubereitet sein mögen, sind nicht so fotogen, und das Servicepersonal zu fotografieren erschiene mir fast obszön. Da ist der junge Mann mit schwabbelnden Busen, der hinter seiner dicken Brille scheu blinzelt und so in Vorlage geht, dass man fast befürchtet, die Speisen könnten vom Teller direkt auf den Tisch gleiten. Doch er hält das Geschirr mit beiden Händen fest und sicher, nimmt auch die Bestellungen auf, kreuzt auf einem kleinen Tablett liegenden Menü- und Getränkezettel die Wünsche an. Da ist das Mädel mit dem langen Haar, das beim Sprechen immer die Zunge zwischen den Zähnen hat und viel zu geschwind ist beim Abräumen, damit nur ja kein gebrauchtes Geschirr den Tisch verunziert. Oder die andere, dürr und nervös, die plötzlich auf die Gäste zuschießt, ihren Namen nennt und die Hand so fest drückt, dass es schmerzt. Eine Neue ist auch dazu gekommen, verhältnismäßig zart mit Down-Syndrom, die kleinen Augen blitzen hellwach, sie trägt die grüne Schürze mit offensichtlichem Stolz. Es gibt viele Stammgäste und viele, die mehr als nur sporadisch hier essen: die Volksschullehrerin mit Montessori-Hintergrund, die Familie des Totengräbers aus der Nachbarschaft, der Ex-Bürgermeister und Ex-Nationalrat mit Gattin, die Gymnasiallehrerin in Pension, Handwerker auf Mittagspause, das Raumausstatter-Ehepaar, das auch in der Gegend wohnt. Schließlich ist das Essen gut und günstig, 5,50 fürs Hauptgericht, 7,50 fürs ganze Menü. Heute gab es Schwarzwurzelsuppe mit Kreuzkümmel, Kokos-Gemüsecurry, ganz mild, dafür mit Gerstl, Kohlrabi, weißen und schwarzen Bohnen, Karotten, Stangensellerie; dazu noch Salat von in dünne Streifen geschnittener Gurke, etwas Vogerlsalat und enthäuteten Tomatenvierteln, mit viel Dill im Sauerrahmdressing.
Ich hab nun auch eine Abokarte, die jedesmal mit einem Herzerl abgestempelt wird: das dreizehnte Essen ist gratis.
ConAlma - 2010-11-24 18:26
Seit Tagen, fast Wochen wart ich auf Buchpakete. Rückfrage beim Verlag: längst verschickt. Ich war zwischendurch nicht da, freilich, doch alle Post war gewissenhaft auf den Tisch gelegt worden. Heute früh nun auf einmal die Eingebung: im alten Postkastl? Das ohne Namensschild, zu dem ich keinen Schlüssel mehr habe?
Ja!
Mit meinen zum Glück schmalen Händen konnt ich drei (!) Zettel herausfischen, zwei der Pakete nicht mehr lagernd, das von Amazon, das erst vor 5 Tagen kam, schon noch. Erklärung: Privater Zusteller, der für die Post arbeitet. Der nicht gesehen hat, dass es eine neue große Postkastlanlage fürs ganze Haus gibt. Mit Namensschildern.
Ich muss mit den Blick durch den Schlitz angewöhnen, sicherheitshalber!
ConAlma - 2010-11-24 09:02
Ich mag das Pasticcio des
Morgens ja sehr, dieses In-den Tag-geführt-werden durch ModeratorInen mit ihrer immer sehr individuellen Musikauswahl, die oft, sehr oft meine aktuelle Befindlichkeitslage trifft oder einfach besonders gut zur Qualität des Tages passt. Wenn aber die Kompositionsweise ausgerechnet des Luigi Cherubini als "cerebrale Musik" apostrophiert wird, dann bin ich irritiert, könnte dieses Adjektiv auch auf keinen anderen Komponisten als zutreffend verwendet wissen. Eine Definition
cerebraler Musik habe ich aber doch gefunden!

ConAlma - 2010-11-23 17:11
Der 100ste Todestag war unüberhörbar, selbst wenn man sich wie ich in diesen Tagen weitgehend aus der Medienbenützung zurückgezogen hatte - eine kleine Autofahrt genügte, ein Satz, der aus dem Radio ins gleitende Bewusstsein drang: Der große Dichter sei vor seiner Frau geflüchtet, dieser Furie, der nur an Geld gelegen war, und wenige Tage später gestorben. Das blieb, in diesem einen Beitrag, einfach so stehen, ohne nähere Ausführung, so als wäre es Wahrheit, gültig.
Wenige Tage zuvor, auch im Radio, ein Beitrag zur
Kreutzersonate. Was für ein Mensch, dachte ich, muss das gewesen sein, der etwas so Peinigendes, Pessimistisches zu formulieren imstande gewesen war. Und: hätte nicht vielmehr seine Frau flüchten müssen? Sie aber hatte einen anderen Weg gewählt: eine
"Entgegnung" geschrieben, eine Art Gegendarstellung, die doch keine ist, aber die weibliche, ihre Sicht darlegt. Das
Medienspektakel zu Flucht und Tod bekam er.
ConAlma - 2010-11-22 11:11
Die österreichische Landschaft ist voll mit Marterln, selige Jungfrauen, Drei- und andere Heiligkeiten säumen Landstraßen und Feldwege. Ein anderer Typus, nämlich gebastelte kleine Kreuze, blumengeschmückt, mit kleinem Foto versehen, sind an sensiblen Stellen zumeist kurviger Straßen zu finden: Erinnerungen an unglückselig oder wagemutig Dahingeschiedene. Ein solch persönliches Erinnerungsmarterl, das doch wieder in etwas anderem, nicht weniger schmerzlichen Zusammenhang steht, fand ich unlängst beim Dahingehen:
Gleich neben dieser Gedenkstätte ist der Gasthof des unglücklich Verstorbenen: bei harmlosem Training an einen Stein an der Mauer geprallt, Genickbruch, aus. Seine Frau von schwerstem Rheuma geplagt, an Händen wie Füßen zu operieren. Das Gasthaus ist inzwischen verkauft, an einen der "Stadtverschandler und Lustbetonierer", wie eine Freundin wenig respektierlich über einen der lokalen Bauherren sagt, und wieder gibt es einen schönen, idyllischen, traditionsreichen Platz weniger. Einer der letzten echten Gastgärten war es, keine großartige Küche vielleicht, aber ein Ort mit Herz; die beiden Wirtsleute hatten oft Gestrauchelten mit Unterkunft und Zuspruch wieder auf die Beine und ins Leben zurück geholfen. Viel von dem Zuspruch kommt nun auf dieser Tafel wieder zurück und wird auch für all jene sichtbar, die um diese Gaststätte lieber einen Bogen gemacht haben.
ConAlma - 2010-11-17 14:23
Ich kennen meinen Herbst.
Er greift sich, wenn schon alle Farb zur Neige geht,
die letzte Wärme. Ihrer habhaft, tanzt er dann
mit lautem Blätterwirbellachen Pas de Föhn!
Bei mir bleiben. Schwerste Übung des Jahres.
ConAlma - 2010-11-15 19:06
Der kleine Laden in der Nachbarschaft wagt den großen Auftritt, Studentinnen geben die Models. Die zwei ganz behutsam adaptierten Etagen des
Kaffeehauses sind der stimmungsvolle Rahmen; seltsam, es hängen immer noch die Zeichnungen des Kindsvaters an den von ihm selbst restaurierten Wänden. Ich soll bei mir bleiben, hat der Zenbuddhist, der auch gemeinsamer Masseur ist, gesagt, dem Geliebten nicht in seine Denkkreise folgen. Ich stürze mich in Verkleidung, trage jüngst erstandene Unterwäsche, verhülle sie nur unzureichend und lache zu laut.

ConAlma - 2010-11-14 22:19
afterwork-couching. orientierungslos, da mit einem extremen wave-surfing des geliebten konfrontiert, dessen zustände körperlicher und seelischer natur stets neue ausschläge zeitigen. tv plätschert. ich notiere so nebenbei, dass das biedere deutsche "soko" immer mehr "csi"-züge bekommt. optisch. slightly. gastronomen-coaching auch noch, so nebenbei, weil d e r heimische gourmetführer erschien und für unverständliche bewertungen sorgt. fragende anfragen bei mir, als diesbezüglich offenbar kompetenter, nur anderswie verwickelter. immer ein balanceakt, tightrope dancing, zwischen vermuteter freundschaft, professioneller verankerung und hilfsbereitschaftsbedürfnis. immerhin schmeckt das modifizierte paprikahendl, der
bewahrt die balance zwischen schärfe, rauch und geschmack. jetzt wart ich noch auf lederhosenabholung und reparaturentgennahme - bei glückung hab ich mein wundergrünes strenessejackerl bald wieder!
ConAlma - 2010-11-11 19:07